'Das Businessmodell Free-2-Play ist im Kommen', 'F2P-Spiele sind die Zukunft', 'Schon 50 Prozent des europäischen Spielemarktes machen mittlerweile Free Games aus' – alle Welt schreibt 'Free-2-Play' und fasst unter diesem schwammigen Begriff unterschiedliche Geschäftsmodelle zusammen. Dabei ist Free-2-Play nicht immer gleichbedeutend mit 'kostenlos'. Ein genauerer Blick darauf, was eigentlich damit gemeint ist, also auf das jeweilige Geschäftsmodell, lohnt sich, denn vom Herunterladen einer Probepackung über sogenannte Hybrid-Systeme bis hin zum Wirklich-ohne-Scheiß-echten-100-Prozent-gratis-Zocken ist eigentlich alles dabei. Wir möchten euch den Weg durch den Free-2-Play-Dschungel etwas erleichtern und die gröbsten Unterschiede an Hand einiger Beispiele aufzeigen. Auf den folgenden Zeilen findet ihr deshalb eine Art Überblick zu den einzelnen Modellen. Die Übergänge dabei sind fließend und subjektiv. Was für den einen bereits Abzocke ist, kommt beim nächsten gut an. Zudem bieten die meisten Spiele eine Kombination aus unterschiedlichen Bezahloptionen an, beispielsweise Item-Shop und Abo-Gebühren.
'Kostenlos spielbar' ist nicht gleich 'gratis' – Free-2-Play-Modelle im Detail
Free-2-Try – die Mogelpackung?
Am einen Ende der Skala angefangen, gibt es mehrere Onlinegames, die allen Gratis-Spielern unter euch nur ein sehr eingeschränktes Spielerlebnis gewähren und ohne Einsatz realer Währung nur bedingt spielbar sind. Von der gemeinen Spielerschaft oft als Mogelpackung geschunden, sind auch diese Games kostenlos spielbar – zumindest im Sinne einiger Betreiber, die einen Teil ihrer Games free-2-play zur Verfügung stellen. Mehrere Vertreter dieser Gattung sind große Marken, die Probeversionen zum Hineinschnuppern anbieten. Die ersten Spielstunden oder Charakterstufen sind "for free", wer weiterspielen will, muss monatliche Gebühren zahlen. Seit Sommer 2011 bietet Blizzard das Fantasy-Rollenspiel World of Warcraft auch mit kostenlosem Einstieg bis Level 20 an. Trion Worlds verfolgt mit Rift Lite das gleiche Prinzip: Spielen könnt ihr theoretisch solange ihr wollt, sobald ihr einen bestimmten Spielfortschritt erreicht habt, ist aber Schluss. Die Publisher erhoffen sich dadurch neue Spieler, die im Anschluss an die Testversion bereit sind, in der Hosentasche nach der Kreditkarte zu kramen. Tera könnt ihr eine Woche lang anzocken. Und wenn ihr euch momentan in The Secret World ranhaltet, gibt's das Spiel zwei Tage länger "try-for-free". NCSoft hat mit Guild Wars zudem vorgemacht, dass Probepackungen auch ohne Abo-Gebühren erfolgreich sein können: Kauft ihr das Onlinespiel nach einem Rundgang zum Ausprobieren, steht euch Guild Wars danach für immer "kostenfrei zum Spielen" zur Verfügung. Minecraft ist in der Betaversion frei, das richtige Spiel kostet. Ob aber ein wie auch immer gestalteter Schnupperkurs ausreicht, um wirklich von Free-2-Play-Titeln sprechen zu können, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Jeden Monat ein weiterer Wechsel – Hybrid-Modelle
Die mediale Debatte ums "Kostenlos-Loszocken" so richtig befeuert hat die Umstellung mehrerer bekannter Onlinespiele. Gingen einem kostenpflichtigen MMORPG langsam die zahlungswilligen Kunden aus, bot sich mit dem neuen Bezahlmodell die Möglichkeit, viele Spieler hinzu- oder zurückzugewinnen. Bereits kurz nach Release im Sommer 2010 veröffentlichte EA den Online-Ableger der NfS-Reihe als Free-2-Play-Game. Trotz anfänglicher Kritik am Spiel selbst schoss die Zahl der Anmeldungen für Need for Speed World binnen Tagen durch die Decke. Turbine hat kurz darauf die Welle ins Rollen gebracht: Nach dem Wechsel von Herr der Ringe Online lieferte das US-Studio Erfolgsmeldungen am laufenden Band. Schon bald zogen andere Publisher nach, beispielsweise Cryptic Studios Anfang 2011 mit Champions Online. Spielerschwund in Abo-basierten Onlinegames auf der einen, ein wahrer Ansturm neuer Spieler in einigen Free-2-Play-Titeln auf der anderen Seite – immer mehr Betreiber änderten das Geschäftssystem ihrer Bezahlspiele. Umgestellt wurde im überwiegenden Fall auf das sogenannte Hybridmodell, also einen Mix aus Monatsgebühren und Gratis-Spiel. Weite Bereiche werden dabei in einer Basisversion kostenlos angeboten. Bisherige Abonnenten und neue Gamer, die Geld investieren möchten, können zu Inhabern eines Premium-Accounts werden und mehr oder weniger starke Vorteile gegenüber der Free-2-Play-Gemeinde genießen. Die Einschränkungen für Umsonst-Zocker sind unterschiedlich und reichen von Einbußen bei Komfort und Zeitaufwand über weniger Möglichkeiten bei der Charaktererstellung bis hin zu ganzen Regionen und Erweiterungen, die Premium-Spielern vorbehalten sind. Aion, DC Universe Online und Star Trek Online sind nur einige Beispiele für dieses Kombinationsmodell. Sogar auf der Konsole existiert das Modell in abgewandelter Form, denn als Inhaber eines Gold-Accounts für die Xbox könnt ihr euch beispielsweise in Happy Wars kostenlos ins Comic-Gemetzel stürzen.
Free-2-Rotate – Actionhelden im Wochentakt
In einem relativ jungen Genre namens MOBA hat sich ein anderes Free-2-Play-Prinzip durchgesetzt. Taktik-lastige Actionspiele wie League of Legends oder Warhammer Online: Wrath of Heroes sind kostenlos spielbar und bieten verschiedene Charaktere in einem Rotationssystem an. Einige der Helden sind ohne Zusatzkosten verbunden, für andere muss geblecht werden. Nach einer bestimmten Zeitspanne werden die frei zugänglichen Figuren ausgewechselt und andere nehmen deren Platz ein. Bis zum nächsten Austausch. Wenn euch ein Charakter besonders gefällt, müsst ihr ihn kaufen oder mieten – oder warten, bis er wieder in der Rotation an der Reihe ist.
Der Knackpunkt am Online-Shop
Die wohl am meisten verbreitete Finanzierungsoption von Onlinespielen ist der sogenannte Item-Shop. In einem spielinternen Laden werden dabei virtuelle Güter jedweder Form verkauft. Das Angebot reicht von neuen Outfits oder Accessoires (mit oder ohne spieltechnischer Relevanz) über Beschleunigungen wie Erfahrungs-Boosts und Ressourcen-Nachschub bis hin zu zusätzlichen Charakteren oder gar Spielerweiterungen (DLCs). Als Zahlungsmittel dient neben Spielgeld in der Regel eine spezielle Währung, die via hartem Echtgeld erworben werden kann. Bezahlt werden oftmals nur einzelne Gegenstände gegen Kleinstbeträge (Mikrotransaktionen), je nach Spiel und Auswahl rechnen sich diese Minizahlungen in der Masse aber wieder. Der Online-Shop bietet zwar vielfältige Möglichkeiten der Einflussnahme, ist damit aber auch Dreh- und Angelpunkt einer ausgewogenen Spielbalance zwischen Bezahlinhalten und kostenlosem Spiel. Sind die kostenpflichtigen Angebote nicht überzeugend und sprechen zu wenige Leute an, rechnet sich auf Dauer die Weiterentwicklung des ganzen Spiels nicht. Sind die Items im Shop hingegen zu stark und übervorteilen Spieler ohne Bezahlitems unverhältnismäßig, ist das Spiel schnell als Pay-2-Win-Titel verschrien. Schließlich will niemand gern verlieren ohne Chance auf Sieg, nur weil das Gegenüber den dickeren Geldbeutel in die Waagschale wirft.
Ein gelungenes Beispiel in Sachen Mikrotransaktionen ist der Online-Shooter Team Fortress 2, in dessen Shop ausschließlich kosmetische Artikel erstanden werden können. Der Hut sieht halt nur gut aus, macht die Spielfigur aber nicht stärker. Trotzdem greifen genügend Leute zu und finanzieren damit auch alle anderen Free-2-Play-Spieler mit. Die Regel ist aber anders. Zwei Fragen sind entscheidend in Sachen Item-Shop: Greifen die Shop-Angebote auch in die Spielbalance ein oder beeinflussen sie den Kampf "Spieler gegen Spieler" (PvP)? Und sind die Gegenstände im Shop nur durch Premium-Währung zu erhalten oder kann man sie sich auch rein durch Spielen erarbeiten? Schließlich spielt es auch eine Rolle, ob die besseren Premium-Items gefunden oder geschmiedet werden können, sich Bezahlspieler also eher Zeitersparnis statt Vorteile kaufen.



Premium-Währung für alle
Womit wir gleich beim nächsten Punkt wären: Ist der Premium-Status ein Privileg von wenigen oder erhalten alle die Chance auf Bezahlinhalte? Eine elegante Lösung für das Problem hat beispielsweise Ubisoft gefunden. Die Bezahlwährung in den Browsergames des Betreibers ist nicht nur gegen bare Münze zu haben, sondern auch komplett ohne Geldeinsatz erspielbar. Mit der nur durch Daddeln gesammelten Summe sind dann auch alle Gegenstände im Shop für Free-2-Play-Spieler zugänglich. Aktivität im Game und entsprechenden Zeitaufwand vorausgesetzt, kann jeder Spieler auf große Shoppingtour zu gehen. Hinzu kommt, dass mehrere von Ubisofts Browserspielen wie Die Siedler Online aktuell auf einen PvP-Modus verzichten und somit das schwierige Ausbalancieren von Spielerinteressen auf diesem Gebiet von vornherein umschifft wird. Microsoft bietet mit Age of Empires Online ein weiteres Beispiel: Zum Release des Strategiespiels war der Titel eher Free-2-Download statt Free-2-Play. Zu viele Inhalte wie ganze Zivilisationen und Spielmodi waren Gamern vorbehalten, die dafür bezahlen wollten. Nach viel Kritik und immer weniger Neuregistrierungen wurde das Onlinespiel umgebaut. Mit Hilfe von im Spiel verdienten Imperiumspunkten könnt ihr nun den Shop plündern. Die neue Währung lässt sich aber natürlich auch kaufen.
100 Prozent Free-2-Play
Diese Art von Onlinespielen, die wirklich kostenlosen Spielen, sind schwer zu finden und mittlerweile eine absolute Seltenheit geworden. Meist entstehen sie ohne nennenswertes Budget als Hobbyprojekt mit viel Engagement einzelner. Ohne Premiumwährung, Online-Shop oder Goldstatus ist nicht nur die ungesicherte Finanzierung eine einseitige Geschichte. Start der Spielwelt verpasst? Dann vergiss es! Wenn Spieler mittels Geld keine Komfortfeatures wie zusätzliche Bauschleifen nutzen oder Wege abkürzen können, gibt es auch keine Möglichkeit, mit anderen aufzuholen, wenn einem nicht so viel Zeit zur Verfügung steht. Abhängig vom jeweiligen Genre sorgt diese Einschränkung dafür, dass das Spiel nicht für viele Spielertypen geeignet ist. Dafür bietet ein 100-prozentiges Kostenlos-Spiel aber auch die Garantie, dass es fair zugeht und ausschließlich Skills und Aktivität des Einzelnen darüber entscheiden, wer oben auf dem Treppchen steht. Der letzte Schwupps Senf dazu:
Fast so vielfältig wie die Spiele selbst sind mittlerweile auch ihre Businessmodelle. Online-Shops haben sich durchgesetzt, auch Kombinationen aus Abo- und Kostenlos-Account treffen wir häufiger. Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Bezahlinhalte in Free-2-Play-Spielen sind ja an sich nichts Schlechtes: Es kommt halt auf die Balance an. Und irgendwie müssen die Weiterentwicklung und laufenden Kosten ja gestemmt werden. Die Schwierigkeit besteht eher darin, ein Spiel zu finden, das zu den eigenen Vorstellungen passt. Denn was für den einen rotzfreche Abzocke ist, findet der nächste wiederum okay – und stört sich an etwas ganz anderem. Wichtig ist es, vorab einen Blick zu riskieren und sich eine Minute lang mit den Unterschieden vertraut zu machen, damit das böse Erwachen nicht erst nach einem Monat kommt, wenn schon viel Herzblut im Account steckt.