Heute möchte ich wieder in Erinnerungen an die alten Zeiten schwelgen. Besonders lustig war es immer dann, wenn etwas völlig unerwartetes passiert ist. Teamspeak gab es damals noch nicht. Direkte Kommunikation mit anderen Spielern und Gildenmitgliedern lief einzig und allein über den Chat. Die ISDN-Bandbreite ließ keine wirklich gute Sprachkommunikation zu. Jedenfalls wusste man dadurch nie so genau, was genau passiert, wenn zum Beispiel ein Gruppenmitglied außer Sichtweite war.
Dennis bloggt: Anekdoten eines Old-School-Onlinespielers #2
Los, hol‘ uns was zum Kloppen!
Nun war es damals in EverQuest so, dass die Dungeons nicht als Instanzen für jede Gruppe exklusiv waren, sondern offen für jeden. Das führte dazu, dass in den beliebtesten Dungeons richtiger Verkehr entstand. Über 100 Spieler in einem verzweigten Höhlengewölbe. Da muss man sich arrangieren und das klappte meistens auch richtig gut. Betrat man als neue Gruppe den Dungeon, gab es den so genannten „Camp-Check“. Dann riefen alle Gruppen aus, wo sie sich gerade befanden und man konnte sich selbst schnell einen Punkt suchen, ohne den gesamten Dungeon abzuklappern.
Anmerkung zum Video: Dieser Spieler versucht mit Zaubersprüchen die Monster zu besänftigen, damit sie nicht angreifen. Leider klappt das irgendwann nicht mehr so gut. Ein gutes Beispiel für einen "Train", der bis zur Zone führt. Ok, wir haben uns also eine nette Stelle gesucht. Zum Beispiel in Solusek B, wo der Goblin König alle 15 Minuten auftaucht. Weil wir in der Zwischenzeit etwas zu tun haben wollten, schickten wir den Tank los, um einzelne Monster ranzuholen. Die liefen damals nicht nur wenige Meter hinter einem her, sondern unendlich lange bis man die Zone verließ, starb oder den Kampf gewann. Der Tank war also unterwegs und wir warteten. Auf einmal die Meldung im Chat: „Oh scheiße! Ich muss laufen!“ Was war passiert? An einer Stelle waren mehrere fiese Goblins auf einmal erschienen, die wir unmöglich geschafft hätten. Was also tun?
TRAIN TO ZONE!
Ab zum Dungeon-Ausgang. Es wurde extra der Tank losgeschickt, weil er am meisten aushielt und in so einer Situation die höchsten Überlebenschancen hatte. Zur Warnung Aller wurde der Chat mit den Worten „Train to Zone!“ gespammt. Das hieß für alle anderen, dass gerade eine Horde Monster unkontrolliert durch den Dungeon unterwegs ist und unseren Gefährten verfolgt. Ok, werdet ihr jetzt denken, so lange die dem Tank am Arsch hängen, sind doch die anderen sicher. Denkste! Egal, wer im Weg stand, bekam sofort eine geklatscht. Das ging bei manchen in Bruchteilen einer Sekunde. „Train to zone!“ ….. „Häh? Wo? Ach da! Argl!“ Matsch. Daraufhin gab es natürlich immer Gezeter im Chat. Aber wir hatten gewarnt!
Dieses „Train to Zone“ kam mindestens einmal in der Stunde oder öfter vor. Je nachdem wie gut besucht der Dungeon war. Es führte fast immer zum Gemetzel, weil Ein- und Ausgang eines Dungeons an derselben Stelle lagen. Wer also gerade eintraf hatte die Meldungen nicht bekommen und wurde sogleich von einem Dutzend scharfer Krallen begrüßt. Doppelt ärgerlich war das damals, weil jeder Tod nicht nur mit dem Verlust von Erfahrungspunkten verbunden war, sondern das Opfer ohne Klamotten draußen stand, denn die Rüstung und alles andere verblieben in der Leiche.
Dungeon ist nicht gleich Dungeon
Auf der anderen Seite boten diese Horte des Bösen damals eine viel größere Dynamik. Heute wird in der Regel nur noch durchgerannt, um den Boss umzuhauen und dann geht das Spiel von neuem los. Natürlich gibt es richtig harte Nüsse, die es zu knacken gilt. Aber wer die Dungeons von damals und heute vergleicht, der wird viele Unterschiede erkennen. Ob das jetzt besser oder schlechter ist, soll jeder für sich selbst entscheiden. Ich empfand die offenen Dungeons jedenfalls als eine besondere Herausforderung, auch im menschlichen Miteinander. Aber das ist wieder ein anderes Kapitel.