Seit neun Jahren steht Heiko Hubertz als Geschäftsführer an der Spitze des Onlinegames-Entwicklers und -Publishers Bigpoint. Beim browsergames forum 2011 (bgf), das kommende Woche (18. bis 19. November) im hessischen Offenbach stattfindet, spricht der Bigpoint-Gründer über seine größten Fehler an der Spitze des Hamburger Unternehmens. Wie bitte? Fehler?! Ja, auch Chefs erfolgreicher Firmen liegen mit ihren Entscheidungen nicht immer richtig. Diese Botschaft fanden wir ungemein beruhigend und haben Heiko Hubertz daher zum Interview gebeten.
bgf2011: Interview mit Heiko Hubertz - Der Bigpoint-Chef spricht über Fehler und Konsequenzen
browsergames.de: Hallo Heiko! Beim browsergames forum hältst Du demnächst einen Vortrag, in dem Du über gute und schlechte Entscheidungen als Unternehmer in der Gamesbranche sprichst. Wenn Du auf die vergangenen Jahre zurückblickst – was, glaubst Du, war Deine größte Fehlentscheidung als Geschäftsführer bei Bigpoint?
Heiko Hubertz: Einen meiner größten Fehler habe ich vor ein paar Jahren begangen. Mark Pincus (Mitgründer von Zynga/Anmerkung der Redaktion) rief mich an, mit der Idee, das damals noch von mir mitentwickelte Spiel Mafia1930 (heute: "Gangs of Crime 1930"/Red.) als Facebook-Spiel zu veröffentlichen. Ein wahnsinnige Chance, die ich damals nicht ergriffen habe, weil ich Facebook und das riesige Potential für Spiele dahinter nicht gesehen habe. Heute ist Mafia Wars von Zynga eines der erfolgreichsten Social Games überhaupt.
browsergames.de: Aus Fehlern lernt man bekanntlich – welche Konsequenzen hast Du gezogen?
Heiko Hubertz: Jetzt bin ich immer auf der Suche nach neuen Ideen und dafür mindestens einmal im Monat in San Francisco, wo Bigpoint mittlerweile ein Office mit mehr als 100 Mitarbeitern hat. Ich habe aus meinem Fehler von damals gelernt und beschäftige mich viel intensiver mit neuen Trends.
browsergames.de: Gab es noch weitere Dinge, die Du im Nachhinein bereust beziehungsweise anders machen würdest?
Heiko Hubertz: Natürlich. Nicht jedes unserer Spiele war ein Erfolg und natürlich haben wir dabei manche Fehler gemacht. Ein Beispiel ist sicherlich Poisonville, in das wir alle sehr große Erwartungen gesetzt hatten, im Nachhinein aber leider die falsche Technologie gewählt hatten. Das habe ich so ja auch sehr direkt eingestanden. Denn schließlich ist es normal, Fehler zu machen. Wichtig ist es aber, sehr ehrlich mit seinen Fehlern umzugehen. Und nicht nur ich, das ganze Unternehmen lernt sehr viel aus solchen Fehlern und wächst daran – wenn man sich unsere Spiele und unsere Erfolge ansieht, ist dann ja zum Glück auch sofort klar, dass unsere Erfolge die Fehler deutlich aufwiegen :)
browsergames.de: Triffst Du solche grundsätzlichen Entscheidungen, also beispielsweise ob Ihr Euch in den Socialgaming-Sektor wagt, alleine oder versammelt sich dazu die "Bigpoint-Tafelrunde"? Wie kann man sich das als Otto-Normal-Gamer vorstellen?
Heiko Hubertz: Es kommt darauf an. Klar gibt es Entscheidungen, die ich alleine treffen muss, aber die meisten Entscheidungen bespreche ich lieber mit meinem Team. Wir haben hier ja viele Experten aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Einer stellt eine Idee vor, wir diskutieren und am Ende treffen wir die Entscheidung zusammen. Es ist ganz wichtig, dass wir Entscheidungen gemeinsam treffen und dann alle dahinter stehen, selbst, wenn es mal eine falsche Entscheidung war.
browsergames.de: Genug auf den Fehlern herumgeritten: Was waren denn Deine besten Entscheidungen? Worauf bist Du besonders stolz?
Heiko Hubertz: Meine beste Entscheidung war es natürlich, damals Bigpoint zu gründen. Ganz klar. Als ich vor acht Jahren angefangen habe Browserspiele zu entwickeln, war es eigentlich nur aus Spaß. Ich habe erst Jahre später erkannt, dass etwas ganz Großes daraus wird. Darauf bin ich sehr stolz. Innerhalb Bigpoint war sicherlich eine der besten Entscheidungen, dass wir immer innovativ sein wollen und immer neue Genres und Technologien ausprobieren, ansonsten hätten wir einige unserer erfolgreichen Spiele wie Seafight, Battlestar Galactica Online oder Farmerama nicht.
browsergames.de: Warum hast Du Dich dafür entschieden, beim bgf ausgerechnet einen Vortrag über Deine Fehler zu halten? Fehlentscheidungen gehören ja normalerweise nicht zu den Dingen, über die der Chef eines erfolgreichen Unternehmens bevorzugt spricht in der Öffentlichkeit.
Heiko Hubertz: Fehler begehen wir alle. Selbst die erfolgreichsten Unternehmer machen Fehler. Fehler begehen ist ja auch nichts grundsätzlich schlechtes. Es bedeutet vielmehr, dass man den Mut hatte etwas auszuprobieren oder eine Entscheidung zu fällen. Wichtig um erfolgreich zu sein ist nur, dass man daraus lernt.
browsergames.de: Zu guter Letzt: Gib uns doch bitte einen kleinen Ausblick, welche Pläne Du mit Bigpoint noch hast. Über 230 Millionen Spieler haben sich schon auf Eurem Gaming-Portal registriert. Wenn man so viel erreicht hat, wohin soll die Reise dann noch führen?
Heiko Hubertz: Die Reise soll weiter nach oben führen. Wir wollen immer besser werden. Daran arbeitet Bigpoint mit voller Leidenschaft und mit großem Einsatz vom ganzen Team. Ich kann natürlich nicht auf alle unsere Pläne eingehen, aber sicherlich einer der wichtigsten Schritte ist die Eröffnung von neuen Büros in Europa in den kommenden zwölf Monaten.