Schon im letzten Jahr konnten wir uns auf der gamescom einen ersten Eindruck vom MMO-Shooter Firefall machen und wir waren positiv überrascht. Seitdem haben die Entwickler von Red 5 Studios stetig am Spiel gewerkelt und darüber hinaus ein ganzes Universum aufgebaut. Dazu wurden bekannte Autoren für die Geschichte verpflichtet, eine Comic-Serie entworfen, Cosplay-Wettbewerbe unterstützt und mit Stage 5 TV zudem ein eigener YouTube-Kanal aus dem Boden gestampft. Zugleich ist Firefall das erste Projekt des Entwicklers, der 2005 von ehemaligen hochrangigen Blizzard-Mitarbeitern gegründet wurde. Nur selten gibt sich ein Entwickler so viel Mühe mit der Erschaffung einer so reichhaltigen Welt. Passend zum Start der Open Beta haben wir die Probe aufs Exempel gemacht.
Firefall Test: Open-World-Shooter mit RPG-Elementen
Shooter mit Tiefgang
Die Geschichte von Firefall spielt gut 200 Jahre in der Zukunft und kann auch als kleine Gesellschaftskritik verstanden werden. Es kam während dieser Zeit zum namensgebenden Firefall, einem Meteoritenhagel, der fast die gesamte Menschheit zerstört hat. Regierungen zerbrachen, ganze Länder wurden von der Landkarte ausradiert. Aber es gab auch Hoffnung. Durch dieses Unglück entdeckten Forscher das Element Crystit, das den Menschen Wohlstand und Arbeit sicherte und sie langsam vom nuklearen Winter erholen ließ. So konnte die Menschheit das Tor zu den Sternen aufstoßen. Aber die neuformierten Regierungen waren sich der Abhängigkeit des Elements, das nur in begrenzten Mengen auf der Erde verfügbar war, bewusst. Also suchten sie in den Weiten des Alls nach weiteren Vorkommen und durch Forschungen kam es zu einem weiteren folgenschweren Unglück. Eine Raumspalte öffnete sich und ein gigantischer Energiesturm traf die Erde mit voller Wucht. Das Melding breitete sich in rasender Geschwindigkeit aus und ließ sowohl Lebewesen als auch Pflanzen auf der Erde zu den Chosen mutieren.
Klassenwechsel jederzeit möglich
Wir übernehmen in Firefall die Rolle einer der verbliebenden überlebenden Menschen und versuchen mit mehreren hunderten Mitspielern sowohl die Chosen als auch das Melding zurückzudrängen. Dazu stehen uns fünf verschiedene Charakterklassen zur Verfügung. Es gibt den Scharfschützen, den Stürmer, den Dreadnaught, den Aufklärer, Biotech und den Ingenieur. Wie wir es von anderen Onlinespielen kennen, verfügt jede Charakterklasse über verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten. Für die offensiven Spieler unter uns eignen sich der Stürmer, der Dreadnaught oder der Aufklärer. Der Rest dient eher als Unterstützer oder Versorger. Passend dazu wird uns am Anfang ein kleiner Charaktereditor zur Verfügung gestellt. Dieser ist in zwei Phasen geteilt. Vor dem Tutorial haben wir nur eingeschränkte Möglichkeiten, aber wenn wir die Grundausbildung hinter uns haben, sind die Optionen mannigfaltig und manchmal nur mit echtem Geld veränderbar. Die grundlegenden Auswahlmöglichkeiten reichen uns völlig, denn ob nun die Wangenknochen ein wenig deutlicher abgezeichnet sind oder die Augenbrauen im Gefecht einen Tick zu tief hängen, spielt im Eifer des Gefechts kaum eine Rolle. Also nichts wie rein ins Getümmel!
Zurechtfinden ist das oberste Gebot
Firefall ist erst einmal ein Schock. Das Tutorial ist zwar vorbildlich gestaltet, aber in der Tat nur eine minimale Hilfestellung. Wer noch nie ein Online-Rollenspiel gezockt oder sich bislang auf Shooter versteift hat, wird erst einmal überfordert sein. Wir werden mitten in die idyllische Provinz Neu Eden geworfen und sind fortan komplett auf uns allein gestellt. Was machen wir eigentlich und wo geht es hin? Die ersten paar Spielstunden mussten wir uns wirklich durchbeißen, die Vielschichtigkeit des Titels macht das nicht gerade einfacher, aber zumindest bleibt so eine gewisse Spannungskurve erhalten. Etwas unglücklich ist in dieser Hinsicht die Steuerung. Wir werden das Gefühl nicht los, dass ein Konsolencontroller hier als Vorlage diente und das gesamte Konzept hinterher auf die Tastatur umgemodelt wurde. Taste, Drehauswahl, Taste, Maustaste. Das klingt auf den ersten Blick stark nach einem Rollenspielschema auf der Konsole. Zudem dürfen wir selbst entscheiden, ob wir in der ersten oder dritten Person das Geschehen verfolgen möchten. Nach einiger Zeit und ein paar Umbelegungen war die Steuerung jedoch kein Problem mehr. Damit war auch der Weg für das eigentliche Spiel frei.
Was kann ich eigentlich machen?
Firefall lässt sich grob in drei Abschnitte einteilen. Zum einen können wir nach Herzenslust auf der Oberfläche umherstreifen, zum anderen können wir Missionen annehmen und als drittes stehen uns verschiedene wettbewerbsorientierte Spielmodi zur Verfügung. Über allem steht natürlich die Geschichte um das Crystit. Das ist aber nicht das einzige Element, das wir benötigen, um die Geschichte voranzutreiben. Zahlreiche andere Ressourcen, die wir zum Teil auch selbst zusammenbauen müssen, sind ebenso wichtig. Unter anderem können wir damit Kraftfelder aufbauen, die den Energiesturm zurückdrängen oder wir basteln uns stärkere Fördermaschinen, um mehr Rohstoffe zu erhalten. Meist sind diese Vorhaben an Missionen gekoppelt, die wir täglich neu beginnen. Wir können aber genauso gut frei auf die Pirsch gehen und auf eigene Faust Rohstoffe suchen. Das ist aber nicht annähernd so effektiv. Folglich suchen wir uns über die Karte Missionen, die unserer derzeitigen Levelstufe entsprechen. Manche Missionen erfordern es auch, dass wir im Team agieren. Auch hier haben wir wieder die Wahl: Entweder spielen wir mit den Leuten, die gerade in der Nähe sind oder wir gründen ein Squad mit bis zu fünf Mitgliedern.
Missionen und Abwechslung
Die Missionsvielfalt ist bereits in diesem Open Beta Stadium recht ordentlich. Von einfachen Verteidigungsmissionen über das Zurückdrängen von Gegnern zu Wettrennen auf verschiedenen Vehikeln oder Auffinden von verschiedenen Komponenten gibt es genügend Abwechslung. Zudem passieren immer wieder Ereignisse auf der Karte, denen wir uns annehmen können. Da fegt schonmal ein Melding-Sturm durch die Pampa oder abtrünnige Menschen oder Chosen beschließen, unsere Siedlungen anzugreifen. Wenn wir uns jedoch der Geschichte annehmen, besteht ein nicht unerheblicher Teil unseres Aufgabenbereichs aus grinden, um die nötigen Ressourcen zu erhalten. Im Vergleich zu anderen Rollenspielen dauert das ziemlich lange und wer wirklich nur die Geschichte in einer angemessenen Zeit erleben will, kommt derzeit kaum am Einsatz von Echtgeld vorbei. Dafür bekommen wir es dann auch mit einem richtig harten Brocken, namens Baneclaw, zu tun, der fast nur im Team und mit einem aufgelevelten Charakter zu besiegen ist.
MMORPG oder MMOFPS?
Apropos Aufleveln und Rollenspielelemente. Diese sind mit den Shooter-Einlagen sehr eng verwoben und eigentlich nicht an den Charakter gekoppelt sondern an die Charakterklasse, genannt Battleframe. Diese können wir an verschiedenen Terminals wechseln, umbauen und tunen. Dazu benötigen wir natürlich Erfahrungspunkte und verschiedene Ressourcen, aber im Gegenzug schalten wir so auch die diversen Spezialfähigkeiten frei. Unter anderem rüsten wir unsere Spielfigur mit Kraftfeldern, Geschwindigkeitsboosts und mehr Energievorräten aus. Darüber hinaus sind wir an diesen Terminals in der Lage, Fahrzeuge zu konstruieren. Diese sind spätestens nach einigen Spielstunden notwendig, denn je mehr Missionen wir absolvieren wollen, umso größer wird die Spielwelt. Es gibt zwar auch die Option, dass wir mit einem Forschungsschiff zwischen verschiedenen Punkten reisen, aber das dauert etwas und außerdem sind die Schiffe auch nicht immer verfügbar.
PvP wird ebenfalls viel Beachtung geschenkt
Wer sich eher für die PvP-Elemente interessiert, wird nicht enttäuscht. Auf der Oberwelt finden sich in den verschiedenen Siedlungen und Städten immer wieder Terminals, an denen wir quasi in eine Art Turniermodus eintauchen können. Derzeit gibt es drei verschiedene Modi, in denen wir uns mit anderen Spielern messen. Dazu gehören Team Deathmatch, mit 5 gegen 5 Spielern oder Sabotage, mit insgesamt bis zu 14 Teilnehmern, die in zwei Teams versuchen, bestimmte Punkte auf der Karte einzunehmen. Den vorläufigen Abschluss bildet der Modus Ernter. Jeweils zwölf Spieler kämpfen um die Kontrolle verschiedener Standorte auf der Karte, bis ein Punktelimit erreicht wird. Wie es sich für einen Shooter mit eSports-Ambitionen gehört, sind alle wettbewerbsorientierten Elemente wie Ranglisten, Statistiken und Turniere ebenfalls mit von der Partie.
- riesige Spielwelt
- viele Missionsarten
- täglich neue Aufgaben
- gelungene Mischung aus Shooter und Rollenspiel
- starke Präsentation
- Universum wirkt in sich schlüssig
- für Anfänger etwas überfordernd
- viel Grinding
- erst eine Story-Episode verfügbar
- Open Beta Start mit Schwierigkeiten
Firefall ist seit mehr als fünf Jahren in der Entwicklung und das merken wir auch. Die Entwickler haben viel Wert auf den optischen Feinschliff gelegt. Die gesamte Spielwelt wirkt in sich schlüssig und bietet eine Menge Potenzial für zukünftige Entwicklungen. Derzeit ist die Hauptgeschichte rund um das Melding aber noch sehr begrenzt und auch das Balancing bedarf noch einiger Feinjustierung. Im jetzigen Stadium ist das Spiel mit Einschränkungen nur etwas für beinharte Rollenspielfans mit Shooter-Ambitionen. Wenn Red 5 Studios in den nächsten Wochen und Monaten hier auf das Spieler-Feedback reagieren und spannende Story-Episoden nachliefern, könnte Firefall zu einem echten Dauerbrenner werden. Aber auch so ist der Titel mehr als nur ein Geheimtipp.